Rottenburg · Stadtführung

Stadttürme-Besichtigung: Mit gigantischem Blick über die Dächer

Zum Tag des offenen Denkmals in Rottenburg kamen rund 30 Interessierte zu einer Stadttürme-Besichtigung, wo es historische Ein- und tolle Ausblicke gab.

09.09.2024
Von Jana Breuling

 

Tolle Aussichten auf die Stadt auf dem Wehrgang zwischen Kalkweilertorturm und Schütteturm.

Trotz dunkler Wolken am Himmel und italienischem Markt in der Innenstadt, fanden sich am Sonntag zahlreiche Teilnehmende vor der ersten Station, dem Kalkweiler Tor, ein. Dort wurden sie von Stadtführerin Martha Engstler zum Rottenburger Türme-Rundgang begrüßt.

Türme und Wehrgänge, erklärte Engstler, „sind verlässliche Zeitzeugen, seit Jahrhunderten prägen sie das Stadtbild“. Eine „Stadt“ ist Rottenburg seit 750 Jahren. „1274 gilt als das offizielle Gründungsjahr der Stadt“, weil in einer Urkunde aus jenem Jahr ein Bürger der Stadt Rottenburg genannt ist. Aber, so erklärte die Stadtführerin: „Die Stadt ist mindestens zehn Jahre früher gegründet worden, wenn nicht sogar noch früher.“ Eine Stadt wurde erst dann als Stadt bezeichnet, wenn sie einen Schutzwall hatte. Denn das war für die Menschen damals extrem wichtig: eine Mauer mit Türmen. „Außerhalb der Stadt war es gefährlicher als drinnen“, erklärte Engstler, der man ihre Begeisterung für die Stadtbefestigung leicht anmerken konnte. So zeigte sie immer mal wieder auf den Kalkweiler Torturm und meinte: „Wenn man diese Steine anfasst und sich überlegt, dass diese aus dem 14. Jahrhundert stammen und noch immer da sind – da bekommt man doch Gänsehaut.“

Der Schütteturm und die dazugehörige Schütte markierte zu der Zeit das Ende der mittelalterlichen Stadt. In den Türmen war oft ein Verließ. Auch der Schütteturm diente als Gefängnis. An den heute noch verbliebenen Stadttürmen kann man auch gut den Stolz des Erbauers erkennen: Albrecht, der Zweite, Graf von Hohenberg. „Die Hohenberger waren stolz, eine Stadt zu gründen“, so Engstler. „Im 13. Jahrhundert war das quasi Pflicht für einen Herrscher, damals wurden überall neue Städte gebaut.“

Die Stadtführerin hatte auch ein paar interessante Anekdoten mit dabei. So erzählte sie zum Beispiel, dass wegen des unbeständigen Wetters damals bestimmte Frauen als sogenannte „Wetterhexen“ beschuldigt und eingesperrt wurden. Auch so manche Redewendung stammt aus dem Mittelalter. Ein Beispiel? „Wenn um neun Uhr das Glöcklein schlug, musste das Stadttor geschlossen werden“, erzählte Engstler. Die Leute außerhalb der Stadtmauer hörten die Glocke – und bekamen „Torschlusspanik“. Und die Leute wiederum, die kurz vor Torschluss kamen, kamen „auf den letzten Schlag“.


Der Wehrgang zwischen den beiden Türmen war einer der Höhepunkte bei der Stadtführung am vergangenen Sonntag. 

Das doppelte Stadttor beim Kalkweiler Torturm war Arbeitsplatz für mehrere Personen. Es gab einen Hochwächter, der oben seine Wohnung hatte. Er musste Ausschau halten. Zum einen nach innen in die Stadt, ob es vielleicht irgendwo brannte. „Brand war die größte Gefahr einer mittelalterlichen Stadt.“ Zum anderen musste der Hochwächter nach außen Ausschau halten – nach eventuellen Feinden.

Zudem „gab es einen Torwächter, der hatte unten seinen Dienst zu tun“, erzählte Engstler. Er hatte darüber zu wachen, wer in die Stadt kam – und das Pflastergeld zu kassieren: „Man musste früher Steuer zahlen und das nicht wenig.“ Dann gab es noch zwei weitere Posten, die der sogenannten „Torschließer“. Die, so scherzte Engstler, „haben nicht viel im Oberstüble haben müssen, aber Muskeln sollten sie haben. Denn sie waren zuständig, diese schweren Tore auf- und zuzumachen.“

Viele schmale, steile Treppen führen hinauf in den Kalkweiler Torturm, die Deckenbalken sind teils so tief, dass man den Kopf einziehen muss. Oben angekommen wurden die Führungsteilnehmer mit einem fantastischen Ausblick über die Dächer belohnt. Manche öffneten dafür sogar die Fenster in den Turmzimmern, um die Aussicht zu genießen. Bemerkenswert war auch der Ausblick vom Wehrgang zwischen Kalkweiler Torturm und Schütteturm, bei dem sich die Rundgangsteilnehmer viel Zeit ließen. Martha Engstler musste sie mehrfach auffordern, den Weg nach unten anzutreten, schließlich galt es noch zwei weitere Stadttürme zu besichtigen.

Dann kam irgendwann der Regen und alle waren froh, im Gaisholzturm und anschließend im Zwinger Unterschlupf zu finden.

Bilder: Jana Breuling

Rottenburger Stadttürme

Zum Tag des offenen Denkmals veranstaltete der Verein Bauhütte Rottenburg e. V. (Verein zur Förderung schützenswerter Gebäude in Rottenburg) den Rundgang mit Turmführungen zum Kalkweiler Torturm, Gaisholzturm und zum Zwinger in der Gartenstraße.

Neben vielen interessanten Fakten hat der Verein auch eine Broschüre herausgegeben, wo die architektonischen Zeitzeugen der Stadt Rottenburg genauer erklärt wurden. Denn zu den Stadttürmen zählten nicht nur die besichtigten Türme, sondern auch noch das Kapuzinertor, der Pulverturm und der Büchelesturm.

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